Der Platz inmitten der Cévennen, noch im Department Lozère, war sehr ruhig. Wir schlafen gut und frühstücken ausgiebig, bevor es dann durch die schönen und waldreichen Landschaften dieses südlichen Teils des Zentralmassivs weiter nach Alès geht.
Hier tanken wir zu 1,399 €/l für 95er Super, kaufen Brot und Wurst für das Mittagspicknick und weiter geht es – das Gebirge ist plötzlich weg, es ist eher sanft hügelig und wir haben die typische Landschaft des Languedoc mit Mittelmeervegetation und vielen Weinbergen.
In Uzès hätten wir gern einen Kulturstopp eingelegt, aber mit dem Verschwinden der Berge kommt auch die große Hitze einher und es gibt keinen Schattenparkplatz, also fahren wir weiter, nur noch wenige Kilometer sind es bis zum Klettersteig des Tages.
Unser Zielort heißt Collias, am Ausgang der Gardon Schluchten gelegen. Der Ort ist touristisch sehr belebt und jetzt in den Sommerferien beinahe als überlaufen zu bezeichnen. Dennoch finden wir grade so einen kostenfreien Parkplatz direkt an der Brücke über den Gardon. Die Gorges du Gardon sind im Hochsommer bei Wassersportlern noch beliebter als bei Kletterern, obwohl es hier neben dem Klettersteig auch etliche Kletterrouten im Kalkstein gibt. Für Kanu und Co. ist aber derzeit Hochaison, bei den heutigen Temperaturen auch nicht verwunderlich.
Steffen will sich an den Fluß legen und so werde ich auch heute wieder völlig alleine in dem Klettersteig sein, erst auf dem Rückweg treffe ich zwei junge Frauen in Ausrüstung, die den Steig machen wollen.
Zur Via Ferrata Les Gorges du Gardon kommt man am Besten von ebenjener Brücke aus, man überquert sie nicht, sondern geht neben der Brücke nach unten zum Fluß und hält sich rechts – entgegen der Strömung. Nach etwa 400 m kommt neben dem Weg ein auffälliger Felsen, der wie ein Ei aussieht, kurz dahinter ist der Start in den Klettersteig. Dort ist dann auch ein Hinweischild.
Sofort erkenne ich, um was es hier bei diesem Steig geht und ziehe die Kletterschuhe an. Ich soll sie bis zum Schluß anbehalten. Gleich am Einstieg geht es zur Sache.
Auf zum Teil extrem glattem Kalkstein wird gequert, es gibt nur das Sicherungsseil, der Rest für die Füße und Hände ist mehr Klettern, mitunter muss man sich auf ziemlich kleine Griffe verlassen. Kletterschuhe mit einer Haftreibungssohle sind eigentlich hier ein Muß, aber auch mit ihnen rutscht man noch mitunter und die sportliche Durchsteigung des Steiges, ohne in das Sicherungsseil zu greifen, verlangt einiges ab.
Das Hauptthema dieser Via Ferrata sind diese glatten Querungsabschnitte, aufgelockert durch Abschnitte, wo man wandert und mehr oder weniger vertikale Passagen, in denen auch mal die U-Eisen zum Einsatz kommen.
Der Wegverlauf ist etwas tricky, an der ersten Gabelung den blauen Pfeil mit “D” wählen, um etwas mehr Pep zu bekommen, dann an der großen “Kreuzung” nach links, dann oben bleiben und eine Runde drehen. Oben die üblichen Querungen, dann leicht absteigen und über die Pont de Singe, die eher für Kinder komfortabel ist als für Erwachsene, erneut deutlich schwerer queren und am Ende nach oben.
Hat man diesen Kreis vollendet, dann nicht absteigen, sondern oben halten. Weiter mit guten, aber sehr griff- und auch trittarmen Querungen, im Extremfall nutzt man doch mal kurz das Sicherungsseil für die Hände und hat dann eine Hangel. Dann noch mal hinauf … et voilà…
Immer wieder gibt es schöne Blicke in die Gardon Schluchten.
Der ganze Spaß ist dann sehr plötzlich zu Ende. Aber auch der Abstieg ist noch mit Sicherungsseilen gespickt.
Dem Steig fehlt die Höhe und das ausgesetzte Element der Steige von La Canourgue oder gar Florac, aber die nur wenigen U-Eisen und der mitunter extrem glatte Kalkstein machen das zum Teil wett, wenn man nicht oder äußerst selten in das Sicherungsseil greift. Dann hat man viele reale Kletterpassagen, die auch entsprechend fordern.
Die globale Einschätzung AD (assez difficile = mäßig schwierig) ist an den sportlich fordernden Querungen untertrieben, wenn man es korrekt geht, D (difficile = schwierig) ist in der Gesamtheit aber auch zu viel, dazu muß man zu oft zwischendrin wandern gehen. Also AD mit Passagen von D…
Es geht nicht all zu hoch hinaus (wo sollte das hier auch noch herkommen?), maximal 35 Höhenmeter haben wir zwischen oben und unten. Bei etwa 600 m Länge ahnt man die Querungen schon. Klar, man bleibt in der Schlucht. Und irgendwie auch im Wald. Die Bäume spenden auch im Hochsommer angenehm Schatten, so dass die Hitze nicht zum Problem wird. Zikadenmusik gibt es auch stetig, dazu das Gurgeln des Flusses und das Rauschen des Windes. Man ist in schöner, wenn auch nicht spektakulärer Landschaft unterwegs, die vielen Bäumen verhindern auch, dass man sich der Höhe ausgesetzt fühlt. Dafür gibt es Adrenalin auch nur immer mal dann, wenn es sich zu glatt anfühlt und ist der permanenten Möglichkeit des Rutschens geschuldet. Der Rest ist Routine und ein schöner, angenehmer Spaziergang im Fels.
Dafür gibt es Alles in Allem 17,5/20 als Gesamteinschätzung von mir. Das ist immer noch viel – aufgrund der Kletterpassagen und wegen der schönen Landschaft, das Auge wird zufrieden gestellt. Andererseits ist es auch wenig im Vergleich zu vielen anderen Steigen. Fazit: Wenn man in der Ecke ist und hat Kletterambitionen, dann ist es ein angenehmer Zeitvertreib, wenn es an der ungefähren Route liegt, ist es auch okay, aber extra hinfahren muss man jetzt auch nicht.
PS: Weg über eine Petzl Tandem Speed – Seilrolle verfügt, kann in seine Runde auch noch 2 Seilbahnen einbauen. Um dann alles auszukosten, muß man dann aber auch Abschnitte doppelt machen.