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Channel: Der Priorat – Hammer
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Einmal in die Alpen 2016, ein Reisetagebuch (14)

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Dienstag

Erneut schlafe ich sehr gut und nach einem guten Frühstück steht dem neuen Tag nichts mehr im Wege.

In Bourg-St.-Maurice muss ich zunächst einkaufen, denn in dem abgeschiedenen Tal, in das ich heute hinein will, wird sich da wohl nicht sonderlich viel Gelegenheit bieten… Bei einem Angebot von 4+1 kleinen Obsttörtchen (und die so richtig viel mit Obst belegt, nicht so wie bei unseren heimischen Bäckern, die daran gerne sparen) zu insgesamt 6 €, da ruft sogar bei  mir der Süßzahn…

Im Office de Tourisme am Bahnhof lasse ich mir noch Informationen zu den Klettersteigen des Tarentaise geben.

Der Körper ist heute irgendwie auf faul eingestellt und so halte ich heute beizeiten für das Mittagspicknick – zwei der Törtchen rufen ganz laut und einen Kaffee extra dazu brühe ich mir natürlich auch auf.

Ich genieße einen Tag, an dem es nicht viel zu fahren gibt und der ganz in Ruhe angegangen werden kann.

Nach dem Mittagspicknick geht es dann hoch nach Peisey-Nancroix. Man ist in einer ganz anderen Alpenwelt, ruhig, kleine urwüchsige Dörfer, kaum Wintersporttourismus, keine Bettenburgen, pure, wunderschöne Natur – der sanfte Tourismus – hier wird er Wirklichkeit. Ich muss hier bis fast ans Ende der Stichstraße fahren, bis in den wunderschönen Cirque de la Gura.

Ich erkenne sofort, dass hier nicht nur der Klettersteig des Tages auf mich wartet, sondern dass auch mein Tagesziel erreicht ist.

Es gibt hier einen wunderschönen Picknick- und Biwakplatz mit allem Komfort, den es braucht – alles dazu an einem der idyllischsten Plätze, die ich bislang in den französischen Alpen gefunden habe.

Der Klettersteig ist mit nur kurzem Fußmarsch erreicht.

Der Felsen ist gut einsehbar, man kann bereits auf dem Weg hin zum Felsen Leute in diesem beobachten. Was für eine ideale Umgebung in absolut unverbauter Natur.

Der Steig beginnt einfach, zeigt aber sofort seine Stärke. Hier ist nicht zu viel an Eisen verbaut, man muss sowohl für die Füße als auch für die Hände oft den Felsen nutzen, der jedoch sehr trittig und griffig ist. Der Steig besteht aus drei aufeinander folgenden Teilen, jedes mal hat man dazwischen die Möglichkeit des vorzeitigen Ausstiegs.

Der erste der drei Abschnitte ist sehr leicht und variierend, der zweite Abschnitt fordert dann deutlich mehr. Ein sehr schöner Pfeiler bietet dort zunächst eine stramme Vertikale, gefolgt von einem eindrücklichen Grat und einer gut machbaren Drei-Seil-Brücke. Danach kommt das Filetstück dieses Abschnittes, es geht gut ausgesetzt absteigend über einer Höhlung entlang und nach einem um die Kante queren, wird es am Ende des Abstiegs noch deutlich überhängend.

Ist man sportlich genug, ist das passabel zu meistern, aber es gibt einen ersten Adrenalinschub, wenn man den nicht schon bereits zuvor an der vertikalen Wand hatte.

Die angegebene Bewertung des Abschnittes ist durchaus ein „La Norma“ genormtes AD, andere D-Steige, die ich kenne, sind da harmloser.

Der dritte Abschnitt hat dann einen längeren Überhang als Zentralstück, dieser ist dann schon recht fordernd. Zunächst muss er mit mehrmaligem Umklinken erklommen werden, dann darf man das Ding auch noch im direkten Anschluss queren. Das fordert durchaus Kraft und Nerven und man ist gut beraten, eine zusätzliche lange Selbstsicherung parat zu haben, die beim Umklinken mehr Sicherheit und die Freiheit beider Hände bietet. Der Rest ist Schnelligkeit. Da ist er dann wieder, der Nervenkitzel!

Man könnte die überhängende Passage auch umgehen, aber sind wir nicht gerade deswegen hier her gekommen?

Die Überhänge des mit TD höher eingestuften Steiges Les Plates de la Daille von gestern waren auf jeden Fall einfacher als die heutigen.

Das D ist eigentlich hier untertrieben – im Vergleich zu anderen Steigen, zumal es nach dem Überhang auch noch nicht vorbei ist, es geht noch weiter vertikal himmelwärts.

Und wenn man oben ist, sollte das Geschirr noch nicht gleich abgelegt werden, im Abstieg geht es noch weiter klettersteigtechnisch hinab. Erst nach Passieren einer Leiter ist der Steig geschafft, dann geht es auf zum Teil sehr steilen Pfad durch den Wald zurück.

Wer den kompletten Steig sportlich durchstiegen hat, ohne in die Sicherungsseile zu greifen, darf durchaus an jeden Teil einen Schwierigkeitsgrad dran hängen. 1. Abschnitt PD bis oben AD, 2. Abschnitt AD bis D+ im überhängenden Abstieg, 3. Abschnitt in der Überhangvariante D+ bis TD.

Auch hier haben wir einen kompletten „Vergnügungssteig“ für alle Sinne. Weniger lang als Les Plates de la Daille, aber dafür mit schwereren Abschnitten und in noch großartiger wirkender Naturkulisse ringsherum.

Also erneut eine Maximalwertung in meiner Genussskala – 20/20 für Kick, Kraft, Kraftausdauer, Psyche, sportliche Ambition und Augenvergnügen. Ein Steig, der allein schon den Urlaub lohnt.

 

Kurz nach dem Kaffee trinken auf dem Platz fängt es zu regnen an, Ich schaffe es, noch schnell alles ins Auto zu verstauen.

Ein Doppelregenbogen vor der malerischen Bergkulisse ist dann der Lohn des Ausharrens.

Am Abend gibt es Entenfilets mit Linsen und ich habe zur Sicherheit erst einmal alles ins Zelt gebracht, aber es wird nicht noch einmal regnen.

Pech allerdings für mich ist das Aufkreuzen einer größeren einheimischen Jugendgruppe, die keine 100 m von mir entfernt einen Grill anwirft und beginnt, lautstark zu feiern. Sie laden mich zwar ein, mit ihnen etwas zu trinken und bieten mir auch Gegrilltes an, aber sie legten dann erst richtig los, nachdem ich mich ins Zelt verabschiedet hatte. Sie machen ein riesiges Feuer, ganze Baumstämme werden auf dem Grill abgefackelt, sie saufen und dazu beschallen sie den Platz mit lauter Discomucke und rauben mir und vielen anderen dort friedlich Biwakierenden den Schlaf. Einige Franzosen kommen und regen sich auf, das sorgt aber bei den Jugendlichen nur dafür, dass sie noch lauter weiter feiern.

Erst als es hell wird, flüchten sie. Hinterlassen aber jede Menge Müll und angekokeltes Holz und noch viel Glut auf dem Grill.

Die Gemeindemitarbeiter, die zum normalen Aufräumen kommen, während ich frühstücke, sind nicht amüsiert über das Chaos, sie haben aber eine Idee, wer dahinter stecken könnte und sie nehmen interessiert die Aussagen von mir und den Franzosen, die sich nachts bei den Jugendlichen beschwert hatten auf. Einer von ihnen hatte auch gehört, wo sie denn wohl heute Abend zum Feiern hin wollen…

 

NB1: Seit 2018 ist der Abstieg und damit der gesamte Rückweg modifiziert worden – mehr dazu dann im PDF meines Klettersteigführers zu diesem Steig.
NB2: Auch für diesen Steig konnte in 2016 kein nutzbares Bild gemacht werden, leider waren auch an diesem Tag alle gemachten Fotos unscharf.
Ich machte den Steig im Sommer 2019 erneut, so dass es im Klettersteigführer entsprechend viele Fotos geben wird.
Auch am Abend drehte ich noch mal eine Runde um den Platz, um in die Berge zu fotografieren. Diese abendlichen Fotos von 2019 zeige ich euch jetzt hier als „Trost“ und Dank für das Lesen des hier bilderlosen 2016er Tagebuches.

Blick zum Mont Pourri (3.779 m)

Panorama rechts neben dem Mt. Pourri.

Das ist der Felsen, durch den der Klettersteig führt…

Und nun noch ein paar weitere unkommentierte Fotos:

 

 

 

 


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