“Frauen wird ja ein besserer Geruchssinn nachgesagt. Machen sie deshalb auch besseren oder anderen Wein?
Müssen sie die Ellbogen ausfahren, weil die Weinwelt leider immer noch eine Männerdomäne ist und sie nicht ernst genommen werden?
Oder sind Euch alle Theorien egal und Ihr erfreut Euch einfach an einem Wein einer Winzerin, den Ihr entdeckt habt und vorstellen wollt?”
fragt Dorothee Beil, die Ausrichterin der 87. Weinrallye vom Foodblog Bushcooks Kitchen.
Der Priorat – Hammer hat unheimliches Glück, denn mit dem Spezial – Thema Priorat wird ihm eine Teilnahme extrem leicht gemacht, ja quasi fast in die Wiege gelegt… Priorat und “Weinfrauen”, dass ist so sehr eins, dass sich in den letzten Jahren ein Begriff herausgebildet hat, den viele hier mit Stolz tragen: Die Prioratina.
Dabei kann ich nicht über eine Einzige schreiben, das wäre a) ungerecht und b) würde es ein echter Grund für Eifersüchteleien sein… Ich als Mann, der sich um den Titel “Botschafter des Priorats” bemüht, darf weder ungerecht sein, noch einer Prioratina Grund für Eifersüchteleien geben. Letztlich müßte ich den ollen Erich M. zitieren: “Ich liebe euch doch alle”, aber der meinte das dummerweise ganz anders.
Aber wenn es eine Weinregion gibt, die sich um eine Frauenquote bei den Winzerinnen nicht sorgen muss, dann wäre das schon das neue Priorat. Wo sonst gibt es auf engem Raum mehr Frauen, die ihren Wein machen als im heutigen Priorat? Inzwischen haben sie sogar zur Fira ihre eigene Verkostung, den “Tast amb Dones”, immer Samstag Vormittag am Firawochenende in Gratallops. Wenn ich dann frage: “Kommt ihr zur Frauenverkostung?”, dann sorgt es zwar für irritierte Blicke bei den Prioratlaien, aber der Insider weiß, wo ich hin will – nur ist es sehr umständlich, “Tast amb Dones” mit “Verkostung von Weinen, die von Frauen gemacht werden”, zu übersetzen…
Prioratinas sind meistens Töchter. Aber natürlich muss es auch Mütter geben. Cesca Vicent aus Gratallops ist so etwas wie die Urmutter des heutigen Priorats. Wo andere ihren Ruhestand genießen, macht Cesca Vicent seit langem Wein, weil sie aus einer Winzerfamilie stammt, aber auch weil es für sie eine die lohnenswerteste Art ist, ihren eigentlichen Ruhestand zu genießen, sie geht in ihren Weinberg, wie andere Frauen in ihren Garten gehen. Aber sie nimmt es auch sehr ernst und beinahe wissenschaftlich, von Beginn an machte sie ihre Weine ökologisch und inzwischen hat auch sie ihr Weingut dafür zertifizieren lassen, sie hat Geologen beschäftigt, die Bohrungen machten, Bodenproben nahmen, um ihren Weinberg entsprechend zu optimieren. Und es verwundert nicht, dass z.B. ihr großer Wein Abat Domenech 2004 zu den ganz Großen der 10 years after Probe gehörte.
Nur findet man ihre Weine kaum am inzwischen sehr stark umkämpften Prioratmarkt. Trotz bester Kritikerbewertungen – es geht die Geschichte, dass sie von einem Journalisten nach einer hohen Parkerbewertung gefragt wurde: “Und was werden Sie jetzt mit diesem Wein machen” diesem geantwortet habe: “NICHTS!”
Im Gespräch mit mir für den Prioratführer sagte sie, dass die von ihr produzierten Weine quasi ihre Kinder seien. Und ganz Mutter fragte sie mich: “Würden Sie Ihre Kinder etwa verkaufen?!” Letztlich gibt es aber Zwänge, das ab und an doch zu tun, bei der Grande Dame sind es allerdings eher Platzprobleme im Keller, die dazu führen, dass ab und an doch was verkauft wird. So landete denn auch der Cesca Vicent 2007 in meiner Prioratführerselektion…
Die anderen Prioratinas allerdings müssen dann doch auch Wein verkaufen, auch wenn viele sicher ihre Weine auch als ihre Kinder ansehen. Die meisten Prioratinas sind auch noch sehr jung, Töchter eben. Wobei sehr jung auch noch von Sara Perez (inzwischen selbst mehrfache Mutter) bis zu Mädchen wie Isabel Castellvi (derzeit in Ausbildung zur Önologin, aber bereits fleißig beim Celler de l´ Encastell mitarbeitend) reicht.
Oft sind es natürlich die Töchter der Winzer oder Weinbauern, die im elterlichen Weingut mitarbeiten, stellvertretend möchte ich hier Marta und Pilar Rovira Carbonell (Mas d´en Gil), Anne Cannan (Clos Figueres, sie hat auch den Tast am Dones mit begründet und gibt der Veranstaltung Raum), Raquel Vicent (Celler Cecilio) und Maria und Nuria Sangenis Vaque (Sangenis I Vaque) benennen, die gemeinsam mit ihren Vätern arbeiten – oft gibt dabei die Tochter jene Impulse, die für Nachhaltigkeit und Innovation wichtig sind, während der Vater für die Tradition steht und das Ganze ist dann ein wunderbarer Mix aus Erfahrung und Weiterentwicklung. Die Mädchen und jungen Frauen sind dabei nicht auf die Aufgabe des Marketing-Vorzeigepüppchens beschränkt, so hübsch sie auch immer anzuschauen sind, sie sind in den Weinbergen, im Keller und im Labor anzutreffen, überall dort, wo eine echte Prioratina eben auch ihren Mann stehen muss… Beim Clos Dominic schließlich arbeiten mit Paco und Dominic die Eltern, die das Weingut aufgebaut haben gemeinam mit ihren Kindern Ingrid und Miriam. Paco als Mann ist dort aber nicht nur für´s Grobe zuständig…
Und es gibt die Einzelkämpferinnen, die sich ihr eigenes kleines Weingut aufgebaut haben – Meritxell Pallejá, Ester Nin, Sivia Puig, um nur einige zu nennen, genau wie die aus dem Inland und Ausland zugereisten, die eine Anstellung in größeren Betrieben gefunden haben, wie Sandra aus Galizien bei der Kooperative in Gratallops oder Diane aus Südfrankreich bei Mas Alta… – und es gäbe noch so viele mehr zu erwähnen…
Sie alle bringen weibliches Verantwortungsbewußtsein für die Bewahrung der Natur (da ist es wieder, das mütterliche Gefühl) und das Innovative der Jugend ein und sie schaffen es, mit den ihnen jeweils gegebenen Bedingungen charakterstarke Weine zu machen, die emotional sind, ja mitunter sexy und sinnlich verführerisch. Ganz wie ihre Macherinnen. Prioratina zu sein ist etwas Besonderes, ganz wie die Weine, die sie schaffen. Die Schöpferin und ihr Produkt – im Priorat eine Einheit, mehr als nur eine Sünde wert – ein Verlieben…
Aber auch die jungen Männer eifern fleißig mit, die Prioratinas haben mit ihrer Präsenz im Priorat dafür gesorgt, das die Weine insgesamt sinnlicher, eleganter, charmanter werden, dass sie verführerischer werden, mitunter sogar betörend… Die Feststellung, der Wein sei sexy, wird in den Blindproben des Prioratführers immer häufiger gemacht – und nicht immer stammen diese Weine von Frauen. Aber eine Feststellung habe ich noch nie gemacht – noch nie habe ich einen von einer Frau gemachten Prioratwein als “rustikal” bezeichnet. Das bleibt dann doch bei den Männern hängen…
Und Ellenbogen? Ist das nicht sowieso eher was, was in Länder wie Deutschland gehört (leider sag ich mal)? Eine Prioratina hat Muskeln, der nicht leichten Arbeit wegen… Aber Ellenbogen? Auf diesem Gruppenfoto vom diesjährigen Tast amb Dones, welches ich auf Maria Sangenis FB-Seite gefunden habe, gibt es keine, vor denen irgendjemand Angst haben müßte…
Auch in meiner Prioratführerselektion kann man etliche Prioratina – Weine finden, schaut mal bei meinen Angeboten zu Celler dels Pins Vers, Mas Martinet, Celler Cecilio, Bodegas Puig Priorat, Celler Cesca Vicent, Trossos del Priorat, Meritxell Pallejá, Bodegas Mas Alta, Celler Bujorn, Terra de Verema, Burgos Porta und Sangenis I Vaque vorbei, überall dort haben Prioratinas schon ihre Hand mit im Spiel, und auch beim Celler de´l Encastell wird es nicht mehr lange dauern, bis weibliche Handschrift zu finden sein wird. Wer neugierig geworden ist, dem stelle ich gern ein Priorat-Frauen Paket zusammen. Auch wenn darin dann nur ihre Weine zu finden sind – aber in den Weinen entdeckt ihr auch deren weibliche Seelen.
Sandra Doix – Prioratina von Mas Doix
Der Priorat-Hammer mit Anne Cannan auf dem ersten Tast amb Dones.
Auchj bei Ferrer I Bobet finden wir Prioratinas.
Tochter und Vater – Maria und Pere Sangenis.
Sara Perez – eine der ersten Prioratinas, heute Vorbild für viele…
und ich könnte noch ewig weiter Fotos hinzufügen, aber ich ende mal hier mit einem Foto von Silvia Puig…
Wer noch nicht genug hat, der sei eingeladen, meinen Prioratführer zu entdecken…
Die Weinrallye ist ein monatlich wiederkehrendes Blogevent. Gastgeber ist diesmal Dorothee Beil vom Foodblog Bushcooks Kitchen. Vielen Dank für dieses schöne Thema Dorothee !