Il est arrivée!!!
Hach, was waren das noch für Zeiten. Ich gehe gedanklich zurück in die goldenen 90er, in diese Zeit voll Aufbruchstimmung und Entdeckerdrang für uns lange Eingesperrten, in der DDR groß Gewordenen.
Es war die Zeit, in der von uns Frankreich mit dem Fahrrad entdeckt wurde, die Zeit, in der wir, genußtechnisch naive Lernende, Wein getrunken, aber nicht beschrieben haben, dennoch den Computer im Hirn anwerfend…. Und somit unterscheiden lernten…
1994 war ich bei einer Radtour mit Jugendlichen unseres Vereines, für den ich seinerzeit hauptamtlich arbeitete, erstmalig auch im Beaujolais – Gebiet. Vorher kannte ich nur das an Massenware, was hier so als Primeur verkauft wurde – diese „folkloristische“ Idee der Primeur-Feier wurde auch in neu entstandenen Pubs und Bars in meiner damaligen Heimatstadt umgesetzt.
Gamay war in meinem Kopf der Dornfelder Frankreichs, süffig mitunter, meist aber ein einfach gestrickter Zechwein, aus billigsten Gläsern getrunken, der auch im guten Glas nicht groß besser wurde.
Das Schicksal nahm seinen Lauf, als wir mit dem Rad in Villié-Morgon einfuhren, die Jugendlichen hatten bis dahin in diversen Gebieten Frankreichs bereits gelernt, was es bedeutete, wenn irgendwo ein Schild „Cave ouvert – Degustation gratuit“ stand. Das Alter, sich für Wein interessieren zu dürfen, hatten sie zum Glück alle – und es war auch eine illustre und an Kultur wie Genuss interessierte Truppe. In Villié-Morgon stand ein derartiges Schild gefühlt vor jedem Haus. Die Jungs und Mädels hatten Durst. Also riefen sie gleich bei erster Gelegenheit: „Pause – Kulturpunkte…“. Der auf der Bank sitzende Winzer, vertieft im Plausch mit einem Nachbarn, winkte uns sofort heran.
Neben dem „einfachen Zeuch“ gab es dann aber auch Cru – Weine, waren wir doch im vielleicht besten Weindorf der gesamten Region gelandet. Einhellige Expertenmeinung aller nach dem ersten Cru: „der schmeckt“, vorher hieß es eher „kann man zur Not trinken“. Das „der schmeckt“ hat dann auch der Winzer verstanden – und nachdem er erkannt hatte, dass wir Deutsche sind, wollte er wissen, woher wir kommen – Als dann Allemagne de l´ Est fiel, holte er immer mehr Wein raus, zu dem es dann hieß: „Schmeckt noch besser“…
Er hatte ja gesehen, dass wir Radler mit schwerem Gepäck unterwegs waren und rechnete sich keine Verkaufschancen groß aus. Aber wir brauchten ja was zu Trinken für den Abend. So wurde er wenigstens ein bisschen was los, Von dem, wo wir uns einig waren „Schmeckt am Besten“ – er hatte uns zum Schluß was Gereiftes in die Gläser gegeben und wir lernten, “schmeckt fast wie Burgund, ist aber Gamay, der wird hier so mit der Reife“. Und schon damals gab es das Argument, im Burgund müssten wir ein Zigfaches hinlegen…
Er begleitet uns aus dem Keller, der Nachbar sitzt immer noch auf der Bank. „Sont Allemandes – de l´Est!!!“ Der Nachbar lächelte und machte eine auffordernde Handbewegung, Minuten später saßen wir bei ihm im Keller, das Prozedere begann von vorn.
Den Mädels fiel es danach sichtlich schwer, bergan zu radeln. Wir Jungs wollten eigentlich Kalorien abradeln und freuten uns auf die Bergwertung. Ich aber bremste sie aus – nicht dass uns die Mädels verschütt gehen. Dummerweise warteten wir vorm Haus eines Winzers… Wir hätten die Räder nicht an seine Hauswand stellen sollen. Er kam raus, sah die Mädels, die im Berg belustigt schoben – und als sie ran waren, war er der Meinung, wir alle hätten Durst… Vorher hatte er sich mit uns ein wenig unterhalten – woher, wohin… „Allemagne?“ „Qui – de l´Est“ Es folgte eine Kopfbewegung des Winzers in Richtung seiner Kellertür…
Als wir dort wieder raus kamen, war klar, dass wir dringend einen Platz zum Zelten bräuchten…
Und so lernte ich den Morgon schätzen.
Und so ein bisschen Beaujolais-Primeur Folkore schadet ja auch niemandem, seit ich dann gelernt hatte, das es auch hier stark auf den Winzer ankam, hatte es mich immer nach ein paar Flaschen verlangt, zunächst schwörten wir auf den Primeur des Beaujolais-Riesen Georges Duboeuf – auch auf einer Radtour kam ich im Novemder 1997 dort lang und erlebte den ganzen Rummel vor Ort…
Später, als ich recht regelmäßig auf die Salons nach Lille fuhr, mochte ich die Domaine de la Combe Aux Loup – da ist sie wieder, die alte Liebe Morgon…
Traditionell gibt es bei mir zum Primeur Schmorkohl oder Zwiebelkuchen, seit ich den Quedlinburger Weihnachtsmarkt als Quelle für Wein und Käse entdeckt habe, mache ich auch gern eine Tarte aux Maroilles dazu… Die Franzosen aus Quedlinburgs Partnerstadt machen dort alljährlich einen Stand, mich kennen sie inzwischen als treuen Kunden.
Vor zwei Jahren gab es dann dort weintechnisch eine kleine Revolution, neben dem Primeur, den es alle Jahre gab, brachten sie Nouveau von einem neuen Winzer mit – ungeschwefelt, wild und rebellisch gut… So gut, dass ich direkt beim Winzer anrief, der mir sagte, seine Primeurs müßten keinesfalls bis zum Ende des Winters ausgetrunken sein, im Gegenteil…
Und so kann ich für diese Rallye nun einen 2015er von ihm genießen, bevor ich mich wieder auf den Weg nach Quedlinburg machen muß, um Nachschub zu besorgen…
Julien Merle; Lubrifiant Social; Beaujolais Nouveau; 2015 rot;
12,5°; Gamay, Handlese, ohne Zusatz von Sulfiten und ungefiltert
Relativ dunkles Violettrot mit schönem Funkeln, die Nase öffnet sich mit Luft immer mehr, Schwarze Johannisbeere, Kirschwasser und Kirschkerne, dazu weißer Pfeffer und Kräuter, aber auch ein gewisser rostiger Eindruck, süffig und geradeaus, sehr ehrlich und mit gutem Nachhall. Sehr ausgewogen und zwar ohne Tiefe und Anspruch auf Größe, aber mit Trinkspaß. 91+/100 Th. Sehr Guter Wein.
Zeigt sehr schöne Klarheit für einen Wein ohne Zusatz von Sulfiten. Bei irgendwas um 7 oder 8 € ein sehr gutes Preis-Genuss-Verhältnis. Um den Erinnerungen auf die Sprünge zu helfen, war es definitiv die richtige Flasche.
Die allgemeine Info zur Weinrallye habe ich von Peter Züllig (danke) übernommen…
Die Weinrallye ist ein Blogevent, das jeden Monat einmal stattfindet (in der Regel am letzten Freitag im Monat). Einer der teilnehmenden Blogs übernimmt die Führung, bestimmt das Thema, lädt ein, verlinkt die Beiträge und erstellt eine Zusammenfassung. Sinn und Zweck einer Weinrallye ist einzig und alleine der Spass und die Motivation, schöne Themen aufzuarbeiten. Bei der Weinrallye darf jeder mitmachen, egal ob Weinblogger oder nicht. Auch Nichtbloggern bieten die Gastgeber immer die Möglichkeit ihre Beiträge auf ihrem Blog zu veröffentlichen. Allgemeine Informationen und Logos findet man auf den entsprechenden Seiten von Thomas Lippert (dem Gründer des Events) auf Winzerblog. Wer gerne einmal selbst als Autor/Themengeber mitmachen möchte, findet alle Infos und die kommenden Themen auf der Weinrallye Seite auf Facebook Weinrallye. Ausgerichtet wird diese Rallye von Stefan Schwytz (Baccantus)